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„Von drauss‘ vom Walde komm ich her…“. Bald ist es wieder soweit und wie jedes Jahr wird Theodor Storms Christkind seinen treuen Knecht Ruprecht nach dem gefüllten Säckchen fragen, wenn er durch den tief verschneiten Tann schreitet. Doch längst haben Äpfel, Nuss und Mandelkern für unsere Kinder ausgedient und der arme Diener ist mehr zu einem „IT-Knecht“ metamorphosiert, der hauptsächlich das „Dezemberdesign-Handy“ und die neueste X-Box mitzuschleppen hat. Auf der anderen Seite verbergen sich immer mehr Mittel gegen psychophysische Erschöpfung für die Eltern im Sack der Rauhnachtsgestalt, darunter auch altbewährte Heilpflanzen, denn in der ruhigsten Zeit des Jahres ist der Bedarf an sog. Adaptogenen besonders hoch geworden.
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Der mittlerweile fest in der Phytotherapie verankerte Begriff „Adaptogen“ wurde 1958 durch den russischen Forscher Nicolai V. Lazarev geprägt und bezeichnet heute pflanzliche Arzneimittel, die den Organismus gegenüber Stressoren widerstandsfähig machen sollen und eine Anpassung, also Adaption unseres Immunsystems an Stress ermöglichen.
Unter den „adaptogenen Klassikern“ der evidenzbasierten Phytomedizin befinden sich auf den ersten Blick ausschließlich Exoten aus entweder subtropischen Gebieten der Alten Welt und Neuen Welt oder subpolaren bis gemäßigten Gebieten Asiens (Siehe Tabelle). Nur eine Pflanze unter ihnen besitzt neben einem borealen auch einen ursprünglich alpinen Verbreitungsschwerpunkt und ist also bei uns heimisch.
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Im Reich des Murmeltierkönigs, von der subalpinen (Österreich) bis hinauf in die alpine (Schweiz) Höhenstufe, findet die tüchtige Bergsteigerin zwischen Felsspalten, auf Grobblockhalden oder steinigen Quellfluren – meist über saurem Muttergestein- ein stattliches Dickblattgewächs (Fam. Crassulaceae), welches oft als sonderbare Große Fetthenne (Sedum telephium) verkannt wird.
Nur zählen wir vier, anstatt für die Gattung Sedum typischen fünf Blütenblätter und auch sonst passt einiges nicht. Bei näherer Betrachtung erstaunt vor allem der Quell der Vitalität dieser grün-gelb bis rötlich blühenden Pflanze: Aus einem knolligen, stark verzweigten und horizontal in der Erde liegenden Spross (Rhizom) treibt die Pflanze jedes Jahr
aufs Neue bis zu 50 cm hohe Blühtriebe gegen die Bergsonne aus. Am Ende sammeln sich in einer Schirmrispe dicht gedrängte Blüten, die geduldig auf Fliegen und Stechimmen warten, denn auf eine Selbstbestäubung kann die Pflanze auf Grund ihrer Zweihäusigkeit nicht hoffen. Wenn dann ein zarter Rosenduft vom Wurzelstock in die Nase aufsteigt, wissen wir es besser: Es handelt sich um die Rosenwurz (Rhodiola rosea).
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In Österreich halten Naturschutz und auch die Saligen Frauen ihre hütenden Hände über die seltene und daher vollkommen geschützte „Arctic Root“ (engl.) und die Droge stammt vornehmlich aus arktischen Gebieten Europas und Asiens (Altai, Aral, Karpaten, Sayan-Berge), wo sie auf Grund ihrer Heilkraft den Namen „Golden Root“ (engl.) erhalten hat. Die Vorliebe für kalte und abgeschiedene Plätze führt die Pflanze womöglich noch bis zum Mond: Russische Kosmonauten nutzen bekannter Weise die im Rhizom enthaltenen Phytamine, vornehmlich „Rosavine“ (chem. Phenylpropanderivate) und „Salidroside“ (chem. Phenylethanderivate), zur Förderung geistiger Agilität und physischer Leistungsfähigkeit. Dabei handelte es sich keineswegs um eine Entdeckung der sowjetischen Raumfahrtbehörde und als das Ministerium für Gesundheit im Jahre 1969 Rosenwurzextrakt zum offiziellen Bestandteil der sowjetischen Staatsmedizin anerkannte, bestätigte sie nur das antike Wissen des Dioskurides, der bereits 2050 Jahre früher die Pflanze als „rodia riza“ in seine Materia medica
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aufgenommen hatte. Dass der heilkräftige Pflanzenteil, den auch die Wikinger, Inuit und Lappen nachweislich als stärkendes „Wildgemüse“ zu nutzen wussten, keine „rhíza“ (griech. Wurzel), sondern botanisch betrachtet ein Rhizom war, störte damals wohl niemanden.
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Die Rosenwurz ist keineswegs nur ein kurzfristiges „Aufputschmittel“, welches gerade im Falle einer psychophysischen Erschöpfung kontraindiziert wäre. So empfiehlt beispielsweise Schilcher (2010) in seinem Leitfaden für Phytotherapie eine Anwendungsdauer von vier Monaten und länger zur Unterstützung der geistigen Agilität, der Verbesserung des Langzeitgedächtnisses und zur Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Die hohen Versprechungen werden aktuell durch zahlreiche experimentelle und klinische Studien untermauert und der Höhenflug der Wurz scheint kein Ende zu nehmen. Der Bogen möglicher Wirkmechanismen reicht von einer Beeinflussung der „HypophysenNebennierenrinden-Achse“ und damit des Corticoidspiegels, über eine bessere „Verfügbarkeit“ von Neurotransmittern bis hin zum Schutz des Nervengewebes gegenüber oxidativen Angriffen. Für die Eignung als Adaptogen sind aber die vielen „kleinen Hebel“ von Bedeutung, mit denen eine Pflanze zu einem nicht einseitigen, sondern regulierenden und ausgleichenden Effekt führen kann. Unlängst konnte gezeigt werden, dass Rosenwurzextrakt die Regulation von 1062 wichtigen Genen im immunologisch bedeutsamen Stützgewebe des Gehirns (Mikroglia) zu beeinflussen vermag und auch zwei „Entzündungsfaktoren“ signifikant drosselt, die bei der Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen (z.B. Morbus Alzheimer) eine Schlüsselrolle einnehmen.
[/vc_column_text][vc_row_inner][vc_column_inner][vc_custom_heading text=“„Wikinger-Wildgemüse“ am Speiseplan“ use_theme_fonts=“yes“][vc_column_text]Wenn man herausfinden möchte, ob Rosenwurz wirklich so schlau wie Wiki oder stark wie Halva macht, muss man nicht unbedingt nach Skandinavien auswandern, sondern kann sein Glück in der Schweiz suchen, wo die Pflanze mit Ausnahme im Thurgau noch keinen Schutzstatus besitzt. Alleine das alpine Erlebnis einer solchen Urlaubsreise wird heilsam wirken. Der Achtsame wird nur einen kleinen Teil des Wurzelstockes zum Selbstzweck ernten – wozu man keine Schaufel benötigt, sondern herausragende „Knollenzapfen“ mit der Hand vorsichtig abdreht – und gemäß der HPMC-Monographie (Committee on Herbal Medicinal Products) einen ethanolischen Auszug (67-70% v/v³) ansetzten. Falls einem die Saligen Frauen hold sein sollten und man eine Ausbeute von ca. 3% „Rosavinen“ erzielt, reichen ca. 10 Tropfen der Lösung, am besten noch vor dem Frühstück eingenommen. Wer nicht schwindelfrei ist und ungern im Oktober auf über 2000 Meter herumkraxelt, dem stehen neben fragwürdigen „Internet -Mischmasch-Produkten“ auch standardisierte Apothekenpräparate zur Verfügung.
Vielleicht wird man in weiteren 2050 Jahren adaptogene Pflanzendrogen gar nicht mehr benötigen, sondern nimmt sich mehr Zeit zum Staunen und Entdecken und liegt dann öfters friedlich neben einer Rosenwurz hoch oben im Angesicht der zeitlosen Bergriesen und schnuppert an ihr andächtig. Wir wollen es hoffen.
In diesem Sinne wünsche ich eine stille Weihnachtszeit!
Euer Phytagoras[/vc_column_text][/vc_column_inner][/vc_row_inner][/vc_column][/vc_row]