Goldsuche in den Karawanken

Nur um Mitternacht zu Weihnachten fließt statt Wasser pures Gold aus der Roza-Quelle in den Karawanken, verspricht eine alte slowenische Bergbaulegende. Das wahre „Karawankengold“ hebt man aber verlässlicher im Sommer und braucht dazu nicht mehr als einen klaren Blick und im Zweifelsfall ab und zu eine 10er-Lupe. Im Regelfall übersieht auch der eifrige Edelweiß- und Enzianjäger die echten Schätze in den Südalpen, die man beispielsweise auf einer Bergtour vom Bärensattel zum Loiblpass entdecken kann.

Abb. oben: Das weltweit nur in den Südost-Alpen zu schürfende „Gold“ des Karawankenmohns (Papaver kerneri) leuchtet nur für wenige Tage. In dieser Vergänglichkeit liegt auch der Reiz dieses Kalkschuttpioniers. (Foto: Vogt)

Viehfutter in italienischen Nobelrestaurants?

Schon beim Aufstieg durch die montane Hochstaudenflur entdeckt man mit etwas Glück die violetten Körbe der „Schmettenwurz“. In Nordost-Italien werden die jungen Sprosse dieser über 1,5 Meter hohen Pflanze als „Radic de l’ors“ in Wildsammlung geerntet und als bitteres Kochgemüse hoch geschätzt. Lange bevor dieser „Alpen-Chicoree“ als Delikatesse in friulanischen Nobelrestaurants auf den Tisch gelangte, wussten Bergbauern eine andere Verwendung: Wenn die Kühe zu wenig (fette) Milch gaben, mischte man das frische Kraut unter das Heu und setzte auf die tonisierende und laktationsfördernde Wirkung des Korbblütlers. Daraus erklärt sich auch der volkstümliche Name Schmettenwurz, denn als „Schmetten“ wurde einst der abgeschöpfte Milchrahm bezeichnet.

Abb. oben: Die „Schmettenwurz“ ist eine Charakterart der Alpenmilchlattich-Hochstaudenflur, die in den Karawanken oft eine besonders reizvolle Ausprägung mit Süßdolde, Krain-Kratzdistel, Gämsen-Leimkraut und der Scopoli-Braunwurz entwickelt. (Foto: Vogt)

In der Zwischenzeit steht die Pflanze auch im Interesse der Forschung nach dem die stark antioxidative Wirkung ihrer Kaffeesäureverbindungen und bitteren Sesquiterpene bekannt wurde. Aus pharmakologischer Sicht könnte man unseren Alpen-Milchlattich (Cicerbita alpina) wegen des hohen Gehaltes an Cynarin auch als „Alpen-Artischocke“ ansprechen. In jedem Fall lohnt sich das Kauen eines Blattes beim Aufstieg für diejenigen, welche ein charakterstarkes Gemüse im Handel vermissen und dem „Süßzüchten“ von Kulturpflanzen überdrüssig sind.

Abb. oben: Auf knapp 2000 Meter Seehöhe kann man in den Karawanken den Alpen-Milchlattich noch entdecken. Da in dieser Höhe die übliche Beschattung durch Bergahorn, Bergulmen oder Buchen fehlt, sucht sich der bittere Geselle meist Schutz im Latschengebüsch und streckt nur seine blauen Köpfe aus dem geborgten Nadelkleid. (Foto: Vogt)

Mit etwas Glück findet man in der Alpenmilchlattich-Hochstaudenflur der Karawanken die seltene Scopoli-Braunwurz (Scrophularia scopoli). Im Unterschied zur häufigen Knoten-Braunwurz sind beide Blattseiten kurzhaarig und fühlen sich „kuschelig“ an. Der Name ehrt den italienischen Arzt und Botaniker Giovanni Antonio Scopoli (18. Jhd), der auch zum Namensvater des giftigen Krain-Tollkrauts (Scopolia carniolica) und des zugehörigen Alkaloids Scopolamin wurde.

Abb. oben: Österreichweit nur in Kärnten zu streicheln: die samtig behaarten Blätter der Scopoli-Braunwurz. Das Braunwurzgewächs ist ein Highlight in den Hochstaudenfluren der Karawanken. (Foto: Vogt)

Und ewig lockt der alpine Rasen …

In den alpinen Rasen auf der Südseite von Weinasch, Hochstuhl und Vertatscha würde sich Zlatorog, der sagenumwobene Gamsbock mit den goldenen Hörnern, bestimmt wohl fühlen, denn kaum weniger sonderbar sind die hier anzutreffenden Pflanzenwesen …

Abb. oben: Manchmal ist die Freude über einen Bärenklau tatsächlich groß. Das gilt insbesondere für den österreichweit nur in Südkärnten vorkommenden Roten Österreich-Bärenklau. Ausgerechnet im Bärental und am Bärensattel stolpert man im Steinschuttrasen öfters über die 30-50 cm hohe Staude mit den gattungstypisch vergrößerten Randblüten. Einen gut entwickelten Bestand findet man übrigens auch in Hochstaudenfluren um den Hochobir.
Abb. oben: Angesichts der Qual der Wahl an liebestollen Mücken-Händelwurzen kann einem Schmetterling hier schon einmal schwindlig werden. (Foto: Vogt)

Eins, zwei, drei, …  Bis knapp 100 Langsporn-Händelwurzen (Gymnadenia conopsea) kann man auf manchen 10×10 Meter großen Flächen im Kalkblaugrasrasen unter der Vetatscha zählen! Dazwischen duften Kohlröserln (Nigritella nigra ssp. rhellicani) und Rosa Kugelorchis (Traunsteinera globosa) um die Wette. Wohin soll man da noch hintreten? (Foto: Vogt)

Land der Sternderln?

Zumindest aus botanischer Sicht kann man in Kärnten (und im angrenzenden Slowenien) gut „Sternderln“ schauen. Während die Gewöhnliche Groß-Sterndolde noch in allen Bundesländern vorkommt, beschränkt sich das Vorkommen der Bayern-Sterndolde auf Kärnten und Tirol. Die Krain-Sterndolde bekommt man österreichweit überhaupt nur in Südost-Kärnten zu erblicken. Wo sich Krain- und Bayern-Sterndolde in den Karawanken gemeinsam vergnügen entstehen auch schwer zuordenbare Hybriden. Kurz gesagt: In Kärnten findet man alle Unterarten, Varietäten und Hybriden der in Österreich vorkommenden Sterndolden.

Abb. oben: Eine Herde von Bayern-Sterndolden (Astranti bavarica) hat es sich oberhalb des Dom na Zelenizi im steinigen Kalkmagerrasen gemütlich gemacht. Im Hintergrund guckt die 2180 m hohe Vertatscha hervor. (Foto: Vogt)

Ein seltener Meier mit rosaroter Mütze ...

Weit weniger häufig als im Telefonbuch findet man einen Meier in der Gebirgsflora. Wer einmal an einem Grannen-Meier (Asperula aristata ssp. oreophila) schnuppern möchte, hat dieses Vergnügen österreichweit überhaupt nur in Süd-Kärnten. Die Pflanzenart ist ein ursprünglich mediterranes Steppenelement und konnte sich gerade deshalb in trocken-steinigen Magerrasen in den Südalpen bis 2000 Meter Seehöhe erfolgreich einnischen. Wie bei vielen unauffälligen Pflanzengestalten besitzt die gesamte Gattung mit Ausnahme des Färber-Meiers keine kulturgeschichtliche Bedeutung. Das könnte sich aber ändern, denn im Internationalen Journal für Immunopharmakologie wurde im Jahr 2016 eine Forschungsarbeit zur entzündungshemmenden Wirkung der gattungstypischen „Sprachstoffe“, den sog. Asperulosiden, veröffentlicht. Für mindestens 2 entzündungshemmende Drogen der traditionell asiatischen Heilpflanzenkunde gelten Asperuloside als wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe. Ob der Alpenländler in Zukunft einmal seinen Kopf über Arnika und Meisterwurz hinausstrecken vermag, bleibt allerdings fraglich.

Abb. oben: Für die meisten als Nelkengewächs verkannt: Der Grannen-Meier (Asperula aristata) ist ein mediterranes Kaffeegewächs und löst den Hügel-Meier im Kalkmagerrasen oberhalb der Bergwaldstufe ab. (Foto: Vogt)
Abb. oben: Nur wenn der Grannen-Meier lockere Rasen bildet, wird einem das zarte Pflänzchen gewahr. (Foto: Vogt)

Suche nach dem Julischen Läusekraut

Jeder sucht etwas anderes am Berg. Der eine Narr sucht das Stempelkissen am Gipfelkreuz, der andere Narr ein Läusekraut. Zu den seltenen Läusekräutern der Südalpen zählt das Julisch-Läusekraut (Pedicularis juliaca). Auf den ersten Blick erinnert der von den Julischen Alpen bis zu den Steiner Alpen verbreitete Halbschmarotzer an ein Langähren-Läusekraut. Erst bei näherer Betrachtung fallen einem der außen zottig behaarte Kelch und die unterseits zottig behaarten Deckblätter im Blütenstand auf. Wer sich näher mit Läusekräutern befassen möchte findet übrigens in der Bergwelt Südchinas knapp 300 Arten zum Eingewöhnen.

Abb. oben: Das Julisch-Läusekraut findet man auf der Tour zwischen 1600 und 1900 Meter Seehöhe in steinigen Kalkmagerrasen. Die Art wird in den meist ergiebigen Beständen der habituell ähnlichen und farbgleich blühenden Gelb-Betonie leicht übersehen. (Foto: Vogt)

Vom Bergwald bis in die Alpinstufe begleitet die Gelb-Betonie (Betonica alopecurus) treu den Wanderer. Selbst in Kalkschuttfluren wird man sie verlässlich antreffen. Erstaunlicherweise fehlt trotz ihrer Häufigkeit eine dokumentierte, ethnopharmakologische Verwendung im Alpenraum. Währenddessen zählte die habituell ähnliche und violett blühende Echt-Betonie oder Heilbatunge (Betonica officinalis) von der Antike bis in die Renaissance zu den wichtigen Drogen der Volksheilkunde. Ob das italienische Sprichwort „Er hat so viele Talente wie eine Betonie“ auch für die gelbe „Variante“ zutrifft, muss noch jemand herausfinden. Ein Teeaufguss beiden Pflanzen schmeckt zumindest sehr ähnlich und bei der Familie der Lippenblütler gibt es innerhalb derselben Gattung meist viele Übereinstimmungen auf der Ebene der sekundären Inhaltsstoffe.

Abb. oben: Vielleicht verbirgt sich hinter der Gelb-Betonie eine noch unentdeckte Heilpflanze der Gebirgsflora. (Foto: Vogt D.)
Abb. oben: Die nähere Verwandtschaft dieses Korbblütlers kennen die meisten nur als seltene Gemüsebeilage: Die Garten-Schwarzwurzel. Im alpinen Weiderasen über Kalk findet man in den Karawanken immer wieder die Rosen-Schwarzwurzel (Scorzonera rosea). Die Hauptverbreitung der österreichweit nur in Kärnten anzutreffenden Pflanze liegt in den Dinariden und Karpaten. (Foto: Vogt D)

100 auf einen Streich!

Fünf bis zehn Jahre lässt sich die unscheinbare, eng am Boden anliegende Rosette der Krainer Strauß-Glockenblume (Campanula thyrsoides ssp. carniolica) Zeit, um mit rund 100 hellgelben Glocken nach Insekten zu „läuten“. Im Unterschied zur ebenfalls gefährdeten Gewöhnlichen Strauß-Glockenblume sind die mittleren Deckblätter im Blütenstand beinahe doppelt so lang wie die Blüten. Das österreichweit nur in Kärnten zu bestaunende Glockenblumengewächs gedeiht im steinigen Kalkrasen und in Felsspalten von der oberen Bergwaldstufe bis in die untere Alpinstufe.

Abb. oben: Lange für eine zweijährige Pflanze gehalten: Die Krain Strauß-Glockenblume (Campanula thyrsoides ssp. carniolica) blüht erst nach 5-10 Jahren. (Foto: Vogt)

Erinnerung an den guten alten Kaiser?

Abseits der Krain Strauß-Glockenblume gibt es noch andere Pflanzen mit dem Präfix „Krain“ im deutschen Namen. Von 1849 bis zum Ende des 1. Weltkrieges, also fast deckungsgleich mit der Regentschaft von Kaiser Franz Josef, war die Krain österreichisches Kronland. Den Pflanzen sind politische Grenzen zum Glück wurscht und man findet in den Kärntner Nord- und Slowenischen Südkarawanken z.B. die Krain-Kratzdistel, die Krain-Sterndolde und natürlich die Krain-Lilie.

Abb. oben: Eine Königin mit zinnoberroter Krone: Die Krain-Lilie. Manchmal findet man am Weg zur Vertatscha bis zu 5 Blüten auf einem Individuum. (Foto: Vogt D.)

So manch einer reist von weit her, um einmal in seinen Leben die Krainer Lilie (Lilium carniolicum) mit ihren elegant „umgeschlagenen“, zinnoberroten Blütenhüllblättern vor die Linse zu bekommen. Vielen Kärntnern ist gar nicht bewusst, dass die „kranjska lilija“ österreichweit eine Besonderheit der südlichen Kalkalpen ist. Will man das Liliengewächs außerhalb österreichischer Grenzgebirge (Steiner Alpen, Südkarawanken, Julische A.) bewundern, sucht man am besten im Dinarischen Gebirge.

Abb. oben: Tpisch für den Alpen-Echt-Wundklee ist die Reduktion der Grundblätter auf nur eine Fieder, die im Bild stolz nach oben absteht. (Foto: Vogt)

Der Alpen-Echt-Wundklee (Anthyllis vulneraria ssp. alpicola) ist ein häufiger Wegbegleiter im alpinen Kalkmagerrasen und sorgt mit seinen weißlichen Kelchen und gelben Kronblättern der Schmetterlingsblumen für „optische Erfrischung“. Die slowenischen Frauen der Oberkrain sammeln das blühende „Frauenkapperl“ im Frühsommer für einen traditionellen „Frauentee“, in dem auch Frauenmantel nicht fehlen darf. In wie weit die Pflanze hormonausgleichende Isoflavone ähnlich dem Rot-Klee besitzt, ist noch unklar. Das universell antioxidative Potential der Flavonoidfraktion von Wundkleeblüten konnte zumindest eine Forschungsarbeit der Universität Tunis belegen. Eine Wirkung auf das weibliche Hormonsystem könnte vielleicht indirekt durch den relativ hohen Zink-Gehalt im Kraut ausgehen, da eine ausreichende Versorgung mit dem essentiellen Spurenelement die Ausschüttung von Sexualhormonen (hypophysäre Gonadotropine) gewährleistet. Bleibt am Ende nur die Frage nach der richtige Dosis.

Krainer Bergkräuter-Frauentee (modifiziert Vogt D.)

R.p.
Alpen-Echt-Wundklee (Blüte) – (Anthyllidis vul. alp. flos) – 30g
Süßdolde (Blatt) – (Myrrhidis folium) – 30g
Weißer Speik (Achilleae clavenae herba) – 20g
Frauenmantel i. A. (Alchemillae herba) – 20g
M.f.spec.D.S.:
2 TL mit 1 Tasse siedendem Wasser überbrühen, 15-20 Minuten bedeckt ziehen lassen, abseihen, nach Abkühlen mit etwas Honig süßen und lauwarm genießen.

Was wären die Karawanken ohne die typischen Kalkschuttfluren?

Abb. oben: Der Polsterwuchs ist eine passende Antwort auf Wind- und Schneedruck sowie mangelnde Bodenbildung im Gebirge. Hier „designen" Kalk-Polsternelke (Silene acaulis ssp. acaulis) und Polstersegge (untere rechte Hälfte) gemeinsam einen Polster am Fuß des Hochstuhls. (Foto: Vogt)

In kaum einem anderen Lebensraum der Alpen, als in Kalkschutthalden und Felsspalten, lässt sich besser zeigen, wie Stress und Mangel zu Kreativität und Schönheit führen. Wenn einem erst gewahr wird, welche „Lösungen“ das Leben in solch lebensfeindlichen Terrain hervorbringt, geht man mit Bewunderung an den Lebenskünstlern der Alpinstufe vorbei und bleibt hin und wieder auch ehrfürchtig stehen.

Abb. oben: Karawanken-Sporn-Veilchen beim Abstieg vom Hochstuhl in die Gamsgrube. (Foto: Vogt)

Das Karawanken-Sporn-Veilchen (Viola calcarata ssp. zoysii) wird zumindest in Österreich seinem Namen gerecht, während das Hauptareal der 3-8 cm hohen Pflanze im Dinarischen Gebirge liegt. Zur Richtung Jahreszeit verwandeln die höhentauglichen Stiefmütterchen die Polsterseggenrasen von Weinasch und Hochstuhl in ein gelbes Meer. Am Fuße des Edelweißgrates zwischen Hochstuhl und Klagenfurterspitz kann man das Veilchengewächs auch klettern sehen.

Abb. oben: In Kalk-Schneetälchen, dort, wo der Schnee in Mulden oder am Fuß von Hängen und Schutthalden für längeren Schutz und ausreichende Wasserversorgung sorgt, findet sich der Alpen-Hahnenfuß gut zurecht. Im Unterschied zum ähnlichen, aber selteneren Traunfellner-Hahnenfuß sind die Blattspreiten glänzend und besitzen einen fast herzförmigen Blattgrund. (Foto: Vogt)

Niemand sitzt gerne im kalten Luftzug, außer er hat das richtige Outfit. Dem Wimper-Mannsschild (Androsace chamaejasme) sind dank seines Polsterwuchses Windstärken bis 140km/h verhältnismäßig egal. In dieser Scharte zwischen Hochstuhl und Weinasch hat auch die Kalk-Polsternelke ein luftiges Plätzchen gefunden und „polstert“ mit dem weißen Primelgewächs um die Wette. Während der Wimper-Mannsschild in den nördlichen Kalkalpen weit verbreitet ist, muss man in den Karawanken schon ein wenig suchen.

Abb. oben: Welcher Polster ist der schönste? Der weiße Polster des Wimper-Mannsschilds ist in den Karawanken zumindest seltener. (Foto: Vogt)

In Österreich kennen nur Dachsteinsüdwand-Gämsen und Karawanken-Bären die sonst nur in den Südalpen und illyrischen Gebirgen vorkommende Dolomiten-Nelke (Dianthus sternbergii). Die Ehre des botanischen Artnamens gehört Kaspar Friedrich von Sternberg, der mit seinem Hauptwerk „Darstellung der Flora der Vorwelt“ (1820-1838) zum Begründer der modernen Paläobotanik wurde und damalige Vorstellung einer biblischen Urschöpfung der Lebewesen endgültig widerlegte.

Abb. oben: Im Unterschied zur ähnlichen Prachtnelke ist die Kronplatte der "Dolomiten-Nelke" nur bis zur Mitte zerschlitzt und im Regelfall trägt der Stiel nur eine Blüte. (Foto: Vogt)

In obermontanen bis subalpinen Kalkschutthalden kann man einen „Kümmel“ finden, den bereits Karl der Große im 9. Jhd. als verdauungsfördernde Pflanze im fränkischen Reich anbauen lassen wollte und in seine berühmte Landgüteverordnung aufnahm. Der weise Rat die Früchte des „Schmalblatt-Laserkrautes“ als Karminativum einzusetzen kam natürlich von den heilpflanzenkundigen Benediktinermönchen. Die Pflanze hat auf Grund des hohen Gehaltes an Peryllaaldehyd eine pharmakologische Ähnlichkeit mit Kreuzkümmel.

Abb. oben: Stolz ragt die Doppeldolde des "Berg-Kümmels" (Laserpitium siler) vor dem Rücken der Begunschitza in den Himmel. Lange bevor Meisterwurz und Engelwurz eine Rolle in der alpischen Heilpflanzenkunde gespielt haben, war der "Gaizvenichel" berühmt. (Foto: Vogt)

Wärmender Karawanken-Winterwein
(Vogt D. in Anlehnung an J.T. Tabernaemontanus u. S. Kneipp)

R.p.
Berg-Kümmel (Frucht) – (Sileris montani fructus cont.) – 15g
Berg Wild-Engelwurz (Wurzel) – (Angelicae syl. radix conc.) – 15g
Süßholzwurzel (Liquiritiae rad. pulv.) – 10g
Rotwein, lieblich – 1Fl. (750ml)
M.f.vin.D.S.:
Drogen mörsern und in Wein langsam zum Sieden bringen, sofort von Herd nehmen und 20 Minuten bedeckt ziehen lassen, filtrieren und in Glasgefäß abfüllen. Am Beginn von Atemwegsinfekten und produktivem Husten tgl. 3 Likörgläser (vorzugsweise in heißem Wasser) einnehmen. (Kontraindikation: Empfindlichkeit ggü. Furocumarinen, Schwangerschaft u. Stillzeit, Kinder.)

Abb. oben: Keine Chance für unliebsame Berggeister. Auch der Berg-Baldrian (Valeriana montana) diente den Älplern als antimagischer Dreifuß. (Foto: Vogt) (Foto: Vogt)

Vor Hexen und übel gelaunten Berggeistern braucht man sich am Weg vom Bären- zum Bielschitzasattel nicht fürchten, denn immer ist ein antimagischer Berg-Baldrian (Valeriana montana) zur Hand. Der Volksglaube führte auch dazu, dass man in die ersten drei Eimer Wasser einer stillenden Mutterkuh Baldrianwurzel hinzugab, damit der unsichtbare Milchschelm dem Kalb keine Milch streitig machen konnte. Offenbar haben Zauberwesen eine gute Nase und können die baldriantypische Isovaleriansäure nicht leiden oder lehnen den bitteren Geschmack der charakteristischen Valepotriate ab. Ich frage bis zum nächsten Tourentipp einmal nach …

Viel Spaß beim Erkunden der Karawanken!

Euer Phytagoras

Terminaviso 2020   –  Mensch begegnet Pflanze im Gebirge

Ethnobotanische Wandertage in den Karawanken

25.06. – 28.06.2020 „Karawankenmohn & Zandelkraut“

23.07. – 26.07.2020 „Steinwurz & Gaizvenichel“

  • Exklusives Kennenlernen der Südalpenflora von der Bergwald- bis in die Alpinstufe in einer Kleingruppe (max. 9 Personen)
  • Botanische, volksheilkundliche und pharmazeutisch-wissenschaftliche Pflanzenbetrachtungen
  • Zwei mittellange und zwei kurze Wanderungen
  • 1 Ethnobotanik-Workshop (2 Darreichungen für zu Hause)
  • Möglichkeit zur professionellen Pflanzenbestimmung am Abend (Österr. Exkursionflora, Binokular, individuelle Hilfestellung)
  • Ausgewählte Karawanken-Teemischungen zum Frühstück
  • Unterkunft im romantischen Bodental mit Einzelzimmervariante